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WeblogTypen und Blogging-Stile

Einordnungs- und Typsisierungsprobleme begleiten vermutlich viele Innovationen. Was Weblogs angeht, so trägt deren Verwendungsoffenheit in besonderem Maße dazu bei. So begleitet Weblogs die Frage, ob Weblogs ein eigenes Genre darstellen oder ob sie als eine Online-Form eines oder mehrere Offline-Genres verstanden werden sollen spätestens seit dem Zeitpunkt ihrer “Verbreitungsexplosion”. Auch die Debatte ob Weblogs-Schreiben Journalismus sei wurde und wird immernoch heftig geführt. Eindeutige und starre Zuschreibungen erscheinen vom heutigen Forschungsstand aus betrachtet wenig hilfreich.  Die These, dass derartige Unversalwerkzeuge (Begriffs-)Grenzen auflösen ist angebracht. Ein eigener Ordunungsversuch sollte zumindest anschlussfähig sein an existierende und verbreitete Leitmetaphern sein. Das Framework soll eine Kategorisierung von Weblogs auf Grund der Beitragsinhalte ermöglichen, um über Intentionen/Motive der Autoren und Zwecke von Institutionen (vgl. Zerfaß 2005) möglichst wenig spekulieren zu müssen.

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Durch die Kombination von Polaritäten der drei “Dimensionen” (Spalten 1 - 3) entstehen formal acht unterschiedliche Blogging-Stile, wobei diese Bezeichnung bewusst unscharf bleibt, was ihre Anwendung auf Weblogs oder deren Beiträge angeht. Bei einer Anwendung auf einzelne Beiträge ist zu beachten, dass die thematische Breite eines Beitrags nur für längere Text sinnvoll zu bestimmen ist. Erst bei einem tatsächlich homogenen Blogging-Stil über viele Beiträge hinweg.lässt sich ein ganzes Weblogs treffend zuordnen. Es wurde bereits betont und empirisch gestützt, dass davon im Allgemeinen nicht auszugehen ist.

Vor allem an dem Merkmal der Größe der adressierten / erreichten Öffentlichkeit liegt es, dass es leicht zu einer Gleichsetzung von Weblog-Stil und Beitrags-Stil kommt. Die meisten Weblog-Plattformen bieten technisch “nur” eine Festlegung des Lesezugriffs auf Weblog-Ebene an und nicht für einzelne Beiträge bzw. lassen eine Einschränkung des Lesezugriffs überhaupt nicht zu. Eine Einschränkung die als Vereinfachung wirkt, aber auch dazu führt, dass Weblogs auf Grund ihrer technischen Gestaltung häufig vorschnell als öffentliche Kommunikation typisiert werden. Die tatsächliche Leserschaft ist meist um Größenordnungen kleiner. Auch wer anfänglich mit seinen Beiträgen “stilistisch” die gesamte (Online)Welt adressiert, wird dies recht schnell merken und seinen Stil entsprechend anpassen.

Thematisch Breite meint die Vielfalt der dargestellten Lebensbereiche einer Person. Die Beispiele “privat”, “beruflich” stellen hier eine erste, weitere Untergliederungsebene dar. Häufig sind Blogs zunächst einem wesentlich spezifischeren Fachthema gewidmet und enthalten sporadisch Hinweise auf fachfremde Aspekte des Autors. Dies weist auch in dieser Dimension auf eine gewissen Dynamik hin, die gerade die Authentizität von Weblogs positiv beeinflusst.

Thematische Tiefe bezieht sich darauf, wie stark ein Nutzer/Autor eigene Gedanken in einen Beitrag einfließen lässt. Beim Re-Publizieren von Referenzen (Links) beispielsweise kann ein Autor unterschiedlich ausführlich kommentieren und unterschiedlich lange Abschnitte als Zitate durch Kopieren übernehmen. Bei längeren Zitaten ist die Beitragslänge dann natürlich kein geeigneter Indikator mehr für die thematische Tiefe / Schöpfungstiefe / Originalität.

Den so formal entstandenen acht Bloggingstilen lassen sich nun Phänomene und Benennungen zuordnen, wobei sich auch die angesprochenen Leitmetaphern wiederfinden lassen, wenn man die Kategorien auf Weblogs bezieht.

 

Micro-Blogging, also das Festhalten kurzer, persönlicher Statusmeldungen mit Werkzeugen wie twitter.com, ist eher themenunabhängig und der tatsächliche Leserkreis klein. Das Gedankenspiel, dass eine öffentlich Person “twittert” (bspw. der Papst oder die Bundeskanzlerin) wäre bei der gewählten Anordnung der Tabelle am anderen Ende der Spalte einzuordnen. Im Bereich ausführlicherer Berichte, die keiner thematischen Selektion unterliegen und zunächst auf eine überschaubare Leserschaft zielen lässt sich die Leitmetapher des Internet-Tagebuchs verorten. Weitere Bezeichnungen für dieses Phänomen sind Personal Journal oder life-writing, wobei ich letztere Bezeichnung im dargestellten Rahmen sehr treffend finde. Die Bezeichnung Journal sollte mittlerweile nicht mehr ohne weitere Detaillierungen wie verwendet werden, wenn die Tagebuch-Metapher gemeint ist. Mittlerweile werden Weblogs eben auch fokussierter, bspw. im Lern- und Bildungsbereich, eingesetzt und dann mitunter als Lern-Journale bezeichnet, so dass die Gleichsetzung Journal = Tagebuch schnell zu Missverständnissen führt. Der Anwendungsbereich auf den sie meine Dissertation bezieht findet sich in den nächsten beiden Typen bzw. Stilen und können den oben genannten Knowledge-Blogs zugeordnet werden. Die Filter-Weblogs haben ihren Ursprung in den kommentierten Linklisten, wobei die Kommentierungen natürlichen unterschiedlichen Umfang annehmen können. Aus Sicht des Wissensmanagements steckt der Wert in der Selektion und kommentierenden Bewertung der referenzierten Quellen, weshalb ich gerne auch die Bezeichnung Wissens-Spuren verwenden. Die Bezeichnung Experten-Weblogs ließe sich für einen tendenziell ausführlicheren Stil verwenden, wobei auch die knappen Selektionen von Experten bereits einen Wert für das Wissensmanagement darstellen können. Es ist ohnehin davon auszugehen, dass ein bloggender Experte auch längere Darstellungen einfließen lässt. An dieser Kategorie wird ersichtlich, dass die Übergänge zum Fach-Journalismus fließend sind und im wesentlichen vom Öffentlichkeitsgrad abhängen. Ein hoher Öffentlichkeitsgrad, kombiniert mit kurzen Beiträgen könnte man als thematische Linksammlung charakterisieren. Allerdings ist fraglich, ob ohne ausführlichere Kommentare ein öffentliches Interesse erzielt und aufrecht erhalten werden kann. Dieses Anwendungsbeispiel rückt nahe an Social-Bookmarking heran, wobei dann eine starke Bindung an den “Autor” meist nicht mehr gegeben ist. Vielmehr wird über thematische Mechanismen wie Schlagworte durch Tagging die Möglichkeit genutzt, auch zu anderen Nutzern zu navigieren. Mit öffentlichen, themenoffenen und für Online-Publikationen vergleichsweise ausführlichen Beiträgen bewegt man sich in den bereich klassicher Massenmedien. Die Kurzform wurde oben bereits angesprochen bzw. findet in anderen Werkzeugen statt.

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