Friday, April 22nd, 2011
"Die Stelle eines Orientierungswissens bleibt in der Wissensgesellschaft, wie sie heute verstanden wird, leer oder wird durch falsche Vorstellungen besetzt, etwa diejenige, daß eine weitere Zunahme des Verfügungswissens irgendwann auch die Probleme eines Orientierungswissens lösen bzw. auch dessen Funktionen wahrnehmen könne. Dies aber ist eine Illusion. Aus positivem Wissen wird kein normatives Wissen, weshalb auch eine informierte und wissensbasierte Gesellschaft noch keine orientierte Gesellschaft ist."
Jürgen Mittelstraß (2000) in Das Verfügbar und das Unverfügbare
S e b l o g g i n g | on human learning and change
Mittelstraß
Dabei ist Information in Wahrheit nur die Form, in der sich das Wissen (und manches andere) transportabel macht.
Wissen kann man sich nur als Wissender aneignen, Wissen heißt lehren können.
der eines Verfügungswissens, d.h. eines positiven Wissens um Ursachen, Wirkungen und Mittel, ist, nicht der eines Orientierungswissens, d.h. eines normativen Wissens um (begründete) Ziele und Zwecke.
Dies ist auch der Punkt, an dem Kambartels Begriff der Gelassenheit einsetzt: "Vernunft wird (...) gelassen dadurch, daß sie sich auf das hin orientiert, was, indem wir es tun, bereits gelungen und insofern unenttäuschbar ist, auf das je gegenwärtig mögliche vernünftige Handeln."
Kommentar
Sehr schön :-) Mittelstraß scheint Orientierungswissen mit normativem Wissen (Werten?) gleichzusetzen. Ich kannte es bisher eher als "praktisches Metawissen, das allgemeine Problemlösungsstrategien zur Verfügung stellt" (Seiler 2008). Details in http://opus.bibliothek.uni-augsburg.de/volltexte/2010/1542/ -> PDF "Orientierungswissen"
s.a. (entsprechende google search)
http://www.claus-beisbart.de/teaching/wi2005/epi/bacon.pdf
Orientierungslauf mit und ohne Karte als Analogie:
https://www.journal21.ch/orientierungswissen-als-lebenskompass